Es gehört zum guten Ton, über etwas, worüber man nichts weiß, nicht zu sprechen – oder zu schreiben. Besonders sollte man sich diese Regel zu Herzen nehmen, wenn das Mitteilungsbedürfnis beruflich motiviert ist. Kurz: Wer Betrug (wie in der Überschrift erwähnt) und Diebstahl (wie im Text beschrieben) nicht voneinander unterscheiden kann, soll nicht „Blut schreiben“, wie Journalisten sag(t)en, soll also nicht in der Gerichtsberichterstattung schreiben.
Am 10.10.2018 tauchte bei ORF.at die Meldung eines alkoholbedingten Selbstmordes auf, dessen Täter und Opfer (…) Dieb oder Betrüger war. Was von beiden, darüber ist sich der Autor „guti“ selbst nicht ganz so im Klaren.
Kleine juristische Aufklärung: Diebstahl (§127 [österreichisches] Strafgesetzbuch StGB) begeht, wer einem anderen eine Sache wegnimmt.
Betrug (§146 StGB) ist sich an jemandem zu bereichern indem man ihn täuscht und ihn dazu bringt sich selbst zu schädigen.
Wer also seinem Chef eine Flasche Wein wegnimmt, ist Dieb. Wer seinen Chef aus irgendeinem hinterhältigen Vorwand dazu bringt, die Flasche selbst herauszurücken, der ist Betrüger. (Und wer dies mit der Waffe in der Hand macht, ist Räuber gem. § 142; das nur so nebenbei).
Wenn man den Artikel weiterliest, könnte man auch vermuten, dass der Sekretär den Wein, der ihm anvertraut wurde, nicht ins Weinlager des Chefs legte, sondern ihn abzweigte. Dann sind wir – hui, jetzt wird’s kompliziert – bei der Unterschlagung (§ 134 StGB).
Wer das alles nicht auseinanderhalten kann, ist juristischer Laie. Wie fast jeder in diesem Land. Das ist an sich nichts Schlimmes. Wer sich aber anmaßt, Menschen über juristische Dinge Aufklärung zu verschaffen, der sollte sich zuvor selbst ein wenig davon einverleiben…
(Verschwörungstheoretischer Nachsatz: Wenn bei solchen, relativ einfach zu recherchierenden und leicht zu überblickenden Sachverhalten schon so schlampig recherchiert wird, wie ist dann die Recherchequalität bei komplexeren Zusammenhängen einzuschätzen?)